Das „Geheimnis“ effizienter Fahrzeuge

In der heutigen Zeit der Energiewende und des Klimawandels wird die Diskussion über sparsame und effiziente Autos immer wichtiger. Doch welche Faktoren spielen hierbei eine Rolle und welche Möglichkeiten hat der Kunde diese Faktoren zu erkennen und selbst zu seinem Vorteil zu nutzen?

Einen großen Einfluss auf die Effizienz unserer Autos hat dabei die Physik, welche sich zwar nicht überlisten, aber durchaus optimieren und positiv nutzen lässt.

Nehmen wir zum einen den Fahrwiderstand, der sich aus

  • Luftwiderstand
  • Rollwiderstand und
  • Steigungswiderstand

zusammensetzt und von jedem Fahrzeug überwunden werden muss, um sich vorwärts zu bewegen.
Dabei gilt: Je höher der Fahrwiderstand ist, desto mehr Leistung muss das Fahrzeug aufbringen, um diesen zu überwinden. Je länger und häufiger wiederum eine hohe Leistung aufgebracht wird, desto höher ist der Energiebedarf – also das Produkt aus Leistung und Zeit.

Luftwiderstand – Oder wie man dem Wind die Stirn bietet

Schauen wir uns einmal die einzelnen Widerstände im Detail an. Der Luftwiderstand eines Fahrzeugs ist vielen Autofahrern vielleicht ein Begriff. Marketingexperten bewerben gerne den einheitenlosen Luftwiderstandsbeiwert cW. Der cW-Wert ist ein Indikator für die Güte der Aerodynamik des Autos. Es wird daher ein niedriger cW-Wert angestrebt, damit das Fahrzeug leicht durch den Wind gleitet und möglichst wenig Luft tatsächlich verdrängt wird.

Der Luftwiderstand setzt sich zusätzlich aus der Stirnfläche des Fahrzeugs zusammen, also die Projektion des Fahrzeugschattens auf eine Wand, wenn man dieses von vorne beleuchten würde. Die Stirnfläche wird mit dem cW-Wert multipliziert und ergibt die effektive Stirnfläche. Je geringer der cW-Wert und je kleiner die Stirnfläche des Autos ist, desto kleiner ist folglich die effektive Stirnfläche. Logisch, dass ein flaches, schmales Auto hier deutliche Vorteile gegenüber einem großen und breiten Geländewagen hat. Die besten Fahrzeuge erreichen übrigens einen cW-Wert von unter 0,25. Bei diesen Fahrzeugen wird nur ein gutes Viertel der Luft tatsächlich verdrängt, als man aufgrund ihrer Stirnfläche erwarten würde.

Bild1_Aerodynamik
Fahrzeuge mit einer guten Aerodynamik zeichnen sich durch einen niedrigen cW-Wert und eine geringe Stirnfläche aus. (Illustration von athousandjets_art)

Ein weiterer sehr wichtiger Einflussfaktor auf den Luftwiderstand ist die aktuell gefahrene Geschwindigkeit bzw. korrekterweise die Relativgeschwindigkeit zwischen Fahrzeug und Fahrtwind.

Als Fahrradfahrer spürt man sehr schnell, ob man Rücken- oder Gegenwind hat. Im Auto ist das nichts anderes, allerdings bewegt sich dieses meist mit deutlich höherer Geschwindigkeit als der Wind. Je höher die Geschwindigkeit ist, umso höher wird der Luftwiderstand, denn dieser wächst quadratisch mit der Geschwindigkeit. Ein Fahrzeug, das 100 km/h fährt, hat demnach einen vier Mal so hohen Luftwiderstand zu überwinden, als ein Fahrzeug, das nur mit 50 km/h unterwegs ist.

Ab ungefähr 60 km/h wird der prozentuale Anteil des Luftwiderstands in der Summe der Fahrwiderstände immer größer und größer – bedingt durch den quadratischen Anstieg. Daher hilft ein niedriger cW-Wert vor allem bei längeren Autobahnfahrten den Verbrauch des Fahrzeugs zu reduzieren – egal ob Verbrenner oder Elektroauto.

Dies ist im Übrigen ein Grund, warum Elektroautos herstellerseitig in ihrer Höchstgeschwindigkeit eingeschränkt sind. Auf der anderen Seite nutzen Elektroautofahrer selten die Höchstgeschwindigkeit aus, sondern bewegen sich eher in effizienteren, niedrigeren Geschwindigkeitsbereichen.

Rollwiderstand – Rad ist nicht gleich Rad

Eine zweite wichtige Komponente ist der Rollwiderstand. Dieser setzt sich primär aus dem Rollwiderstandskoeffizienten und dem Fahrzeuggewicht zusammen.

Der Rollwiderstandskoeffizient ergibt sich aus der Paarung von Untergrund und dem Material des Rads. Ein Autoreifen auf Beton weist einen Koeffizienten von 0,01 bis 0,02 auf. Zum Vergleich: Die Kombination aus Stahlrad auf Stahlschiene (=Eisenbahn) liegt eine ganze Zehnerpotenz niedriger, also zwischen 0,001 und 0,002.

Bild2_Rollwiderstand
Der Rollwiderstandskoeffizient einer Bahn ist nur ein Zehntel so hoch, wie der eines Autos. (Illustration von athousandjets_art)

Beim Auto versucht man also möglichst nah an die 0,01 heranzukommen. Breitreifen sind da eher kontraproduktiv. Besser sind schmale Leichtlaufreifen, die daher bei E-Auto-Fahrern sehr beliebt sind.

Kleine, leichte Autos benötigen ebenfalls nur schmale Reifen, da sie weniger wiegen. Schmalere Reifen haben einen niedrigeren Rollwiderstand, der wiederum durch das verringerte Gewicht noch geringer ausfällt. Schmale Reifen in Verbindung mit einem geringen Fahrzeuggewicht helfen demnach, die Effizienz des Fahrzeugs zu verbessern.

Steigungswiderstand – Bergauf und bergab

Fährt ein Auto einen Berg hinauf, wird es langsamer, solange man nicht mehr „Gas“, respektive „Strom“ gibt – also mehr Leistung abfordert. Je schwerer ein Fahrzeug ist und je steiler der Anstieg, desto höher ist der resultierende Steigungswiderstand. Das ist soweit intuitiv nachvollziehbar.

Durch das Hinauffahren auf einen Berg steigt allerdings auch die potentielle Energie des Fahrzeugs an – schließlich wird man irgendwann den Berg auch wieder hinunter fahren. Bei der Abfahrt wird dann die potentielle Energie in kinetische Energie umgewandelt, woran sich der ein oder andere noch aus dem Physik-Unterricht in der Schule erinnern mag.

Mit der Reduzierung der potentiellen Energie und der Steigerung der kinetischen Energie wird das Fahrzeug immer schneller. Um eine bestimmte Geschwindigkeit dabei nicht zu überschreiten, muss das Fahrzeug abgebremst werden. Dies geschieht einerseits automatisch durch die übrigen Fahrwiderstände, anderseits reichen diese häufig nicht aus, um bei einer steilen Bergabfahrt die gewünschte Geschwindigkeit einzuhalten, weshalb das Fahrzeug weiter beschleunigt. Also muss man nachhelfen, indem man eben die Bremse betätigt.

Bei einem klassischen Fahrzeug mit Verbrennungsmotor kann durch die „Motorbremse“ das Fahrzeug ein Stück weit abgebremst werden. Die Räder treiben dann den Motor an, in welchen in diesem Fall kein Kraftstoff eingespritzt wird (=Schubabschaltung). Reicht die Motorbremse nicht aus, müssen die konventionellen (Reib-)Bremsen ran, welche die kinetische Energie in Wärme umwandeln.

Bild3_Steigungswiderstand
Die Energie, die ein Elektroauto investiert, um einen Berg zu erklimmen, bekommt es anschließend teilweise wieder zurück. Bei einem Verbrenner sorgt zumindest die Motorbremse dafür, dass bergab kein Kraftstoff verbraucht wird. (Illustration von athousandjets_art)

Bei einem Elektroauto lässt sich dies eleganter lösen. Eine richtige Motorbremse gibt es hier praktisch nicht. Stattdessen fungiert der Elektromotor in diesem Fall als Generator, der über die Räder angetrieben wird und erzeugt elektrische Energie, die wieder in die Batterie zurückfließen kann, was Rekuperation genannt wird. Je höher die Leistung der Batterie und des Elektromotors im generatorischen Betrieb ist, desto stärker kann ein Fahrzeug abgebremst werden, ohne die konventionellen Bremsen verwenden zu müssen. Bei einem effizienten Elektroauto sollte daher die Rekuperationsleistung möglichst hoch ausfallen, damit möglichst viel Energie bei einem Bremsvorgang zurückgewonnen werden kann.

Antriebsleistung – Was der Motor leisten muss

Die erforderliche Antriebsleistung, die benötigt wird, um eine bestimmte Geschwindigkeit zu halten, berechnet sich aus dem Produkt des Fahrwiderstands und der gefahrenen Geschwindigkeit. Wie bereits oben erwähnt, steigt der Luftwiderstand bereits quadratisch mit der Geschwindigkeit. Multipliziert man daher dieses Geschwindigkeitsquadrat nochmals mit der Geschwindigkeit, erhält man eine Funktion, die mit der dritten Potenz der Geschwindigkeit ansteigt. Anders ausgedrückt: Um ein Fahrzeug doppelt so schnell zu bewegen, muss der Motor nicht die doppelte oder die vierfache, sondern die achtfache Leistung aufbringen!

Bild4_Fahrwiderstand_50_100
Verdoppelt man die Geschwindigkeit, so muss der vierfache Fahrwiderstand überwunden werden. Da die notwendige Antriebsleistung ebenfalls mit der Geschwindigkeit multipliziert wird, muss der Motor bei 100 km/h sogar die achtfache Leistung als bei 50 km/h erbringen. (Illustration von athousandjets_art)

Nebenverbraucher – Kleinvieh macht auch Mist!

Doch der Energiespeicher muss nicht nur die Energie bereitstellen, die der Motor benötigt, um das Fahrzeug anzutreiben. In einem Auto ist eine Vielzahl von Nebenverbrauchern verbaut, die zum Betrieb des Fahrzeugs benötigt werden und ebenfalls Energie aus dem Speicher „ziehen“.

Hierbei handelt es sich um die Nebenverbraucher, die beispielsweise aus der Komfort- und Sicherheitselektronik bestehen. Klimaanlage, Heizung, Licht und Infotainment benötigen nun einmal ebenfalls Energie. Aufgrund des hohen Wirkungsgrads des elektrischen Antriebstrangs fällt der Verbrauch dieser Nebenverbraucher bei Elektroautos besonders stark ins Gewicht.

Aufgrund des geringen Wirkungsgrads eines Verbrennungsmotors fällt genug Abwärme an, um problemlos den Innenraum damit zu heizen. Beim E-Auto sieht dies anders aus. Die Wärmeverluste sind so gering, dass zum Heizen zusätzliche Bauteile verbaut werden müssen, die im Winter schnell mehrere Kilowatt an Leistung benötigen. Heizen ist daher bei E-Autos im Winter einer der größten Energieverbraucher.

Aus diesem Grund verfügen manche E-Autos über speziell isolierte Fahrgastzellen oder Wärmepumpen, die der Umgebung die Wärme entziehen. Auch Sitz- und Lenkradheizung sind gute Ideen, da Kontaktwärme viel besser übertragen wird und dadurch weniger Strom verbraucht wird, als bei einer normalen Innenraum-Heizung, bei der der komplette Fahrgastraum aufgeheizt wird – unabhängig davon, ob man alleine oder zu fünft im Auto sitzt. Ein weiteres Beispiel ist der Einsatz von sparsamen LED-Leuchten, welche die ineffizienten Glühlampen ersetzen können.

Die Antriebsart – Fossil oder elektrisch?

Einer der wohl einflussreichsten Faktoren auf die Effizienz eines Fahrzeugs ist allerdings der Antrieb. Deutlich wird dies anhand folgender Feststellung:

Bild5_Vergleich_Energiespeicher
Der Energiespeicher eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor ist relativ klein, kann aber große Mengen Energie speichern. Bei einem Elektroauto (BEV) sieht es anders aus: Selbst volumetrisch große Batterien wie in einem Tesla enthalten deutlich geringere Mengen Energie. (Illustration von athousandjets_art)

Ein Liter Diesel oder Benzin enthält ungefähr zehn Kilowattstunden Energie. Ein Fahrzeug mit 50-Liter-Tank (z.B. ein VW Golf) fährt also 500 kWh Energie in seinem Energiespeicher spazieren. Bei 500 kWh kann selbst ein Tesla Model S nur neidisch auf den Golf schauen, kann er doch in der größten Ausbaustufe (im 100D) „nur“ 100 kWh Energie in der Batterie speichern. Das entspricht im Umkehrschluss gerade einmal 10 Litern Kraftstoff – also ungefähr der Menge, die ein durchschnittlicher PKW auf 100 bis 200 Kilometern verbraucht.

Aber wie kann dann ein großes Tesla Model S fast dieselbe Reichweite wie ein normaler Verbrenner-Golf erzielen?

Dies liegt vor allem an dem sehr hohen Wirkungsgrad eines Elektroautos mit einem batterielektrischen Antrieb (Battery Electric Vehicle = BEV). Bei einem Verbrennerfahrzeug werden ungefähr zwei Drittel der zur Verfügung stehenden Energie als Abwärme in die Umgebung abgegeben. Bei einem Elektroauto belaufen sich die Verluste nur auf ca. 10 bis 15 Prozent.

Bild6_Vergleich_Reichweiten
Mit 10 kWh Energie fährt ein Elektroauto ungefähr drei bis vier Mal weiter, als ein Auto mit Verbrennungsmotor. (Illustration von athousandjets_art)

Bei dreifacher Effizienz muss folglich auch nur ein Drittel der Energie gespeichert werden, um die gleiche Reichweite zu erzielen.

Die Batterie als Energiespeicher hat jedoch auch Nachteile gegenüber einem einfachen Kraftstofftank: Sie ist deutlich schwerer, größer und teurer. Außerdem werden für die Produktion große Mengen Energie und Rohstoffe benötigt, weshalb es naheliegend ist, die Batterie so klein wie möglich auszulegen. Durch weitere Optimierungen, wie ich sie in den vorangegangen Absätzen erläutert habe, schafft es so ein Tesla mit einem Bruchteil der Energie auszukommen, die sonst ein durchschnittlicher Verbrenner benötigt.

Fazit: Effizienz hängt von Auto und Fahrer ab

Schlussendlich hat der Kunde mehrere Möglichkeiten, beim Kauf eines Fahrzeugs auf dessen Effizienz zu achten. Vor allem bei Elektroautos lohnt sich ein genauer Blick, da die Energiespeicher, also die Batterien, immer noch relativ klein und teuer sind.

Sei es der cW-Wert, die Reifengröße, die Antriebsart oder, speziell bei Elektro- und Hybridautos, die Rekuperationseigenschaften – alle Punkte haben einen hohen Einfluss auf die Effizienz. Zusätzlich hat der Fahrer aber auch die Möglichkeit selbst Einfluss darauf zu nehmen, in dem er die Geschwindigkeit anpasst, beim späteren Kauf auf Leichtlaufreifen setzt oder im Winter lieber nur die Sitzheizung laufen lässt, statt den ganzen Innenraum aufzuheizen.

Nicht zuletzt hängt der Verbrauch jedes noch so effizienten Fahrzeugs vom Fahrverhalten des Fahrers ab. Daher ist vorausschauendes Fahren mit einer guten Ausnutzung der bereits investierten Energie immer noch der Erfolgsfaktor schlechthin.

Danksagung: Alle Illustrationen hat athousandjets_art exklusiv für diesen Artikel erstellt. Vielen Dank 🙂

Hinweis: Dieser Beitrag ist im Rahmen des ScienceBlogs Blog-Schreibwettbewerbs 2018 entstanden und hat dort den vierten Platz belegt.

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4 Antworten auf „Das „Geheimnis“ effizienter Fahrzeuge

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  1. Das mit der achtfachen Leistung für die doppelte Geschwindigkeit ist zwar richtig, aber irreführend: ja, ein Auto muss die achtfache Leistung (=Energie/Zeit) bereitstellen, um eine zweifache Geschwindigkeit zu halten. Allerdings kommt man schließlich auch doppelt so schnell am Ziel an. Die wenigsten von uns nehmen sich beispielsweise vor, eine Stunde lang Auto zu fahren. Um also von Köln nach Hamburg mit 100 km/h zu fahren, benötigt man „nur“ das vierfache der Energie, die man benötigt um von Köln nach Hamburg mit 50 km/h zu fahren.

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  2. Die Effizienz bei den Verbrennern ist falsch, da man sich mindestens zur Hälfte in der Stadt bewegt und dort die Wirkungsgrade dramatisch sinken.
    Das bedeutet bei höheren Geschwindigkeiten kommt man mit dem BEV 3-4 mal so weit, innerhalb der Stadt jedoch bis zu 10x!

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  3. „Logisch, dass ein flaches, schmales Auto hier deutliche Vorteile gegenüber einem großen und breiten Geländewagen hat.“

    Das stimmt nur wenn beide den gleichen cW-Wert aufweisen, allerdings haben gerade kurze Kleinwagen schlechte cW-Werte, da sich aufgrund der gedrungenen Form relativ große Wirbelfelder hinter dem Fahrzeug ergeben. Daher ist das Produkt aus cW und Stirnfläche für manchen kleinen bis mittleren SUV besser als für einen Kleinwagen. Und da der Gewichtsvorteil bei BEVs geringer ausfällt als bei Verbrennern (durch Rekuperation verlieren die masseabhängigen Fahrwiderstände gegenüber dem masseunabhängigen Luftwiderstand an Gewicht über den gesamten Fahrzyklus gerechnet) gibt es eben bei BEVs den Effekt, dass ein Tesla 3, Mercedes EQS oder BMW i4 bessere WLTP-Verbrauchszahlen (oder auch Vebrauchszahlen nach anderen Standards) aufweist, als ein Smart EQ oder sonstige Elektrokleinwagen. Sprich das Bauchgefühl „kleiner und leichter ist immer effizienter“, welches sich aus der Jahrzehntelangen Erfahrung mit Verbrennern ergab, passt nicht mehr.

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