Der neue Kia e-Soul im Fahrbericht

Mit dem e-Soul bringt Kia ein gelungenes Elektroauto auf den Markt, das sich die Technik mit dem größeren Bruder e-Niro teilt. Diesem voraus hat der e-Soul allerdings das neue Infotainment-System mitsamt App-Anbindung: das neue UVO Connect.

Neben dem doch sehr zurückhaltend, ja fast konservativ gezeichneten e-Niro wirkt der e-Soul fast wie von einem anderen Stern. Die typisch kastige Grundform behält allerdings auch die dritte Generation des Kia Soul bei. Dennoch wirkt der e-Soul deutlich erwachsener und stämmiger als sein Vorgänger, der Soul EV. Durch die modernen und sehr schmalen LED-Leuchten schaut der e-Soul grimmiger in die Welt. Das Heck wird von den hufeisenförmigen Rückleuchten dominiert. Der auffällige (und auf Wunsch äußerst farbenfrohe) Crossover ist 17 cm kürzer als sein großer Bruder, wodurch der Laderaum auf eher kleinwagentypische 315 Liter schrumpft. Während der e-Niro ein vollwertiges Familienauto ist und den ein oder anderen Kombi ersetzen kann, ist der e-Soul eine ganze Klasse tiefer angesiedelt.

Cockpit mit Knöpfchen-Landschaft, aber modernem Infotainment

Aber setzen wir uns hinters Steuer. Hier wird man zunächst von den zahlreichen Knöpfen und Tasten erschlagen. Wer den e-Niro kennt, wird sich jedoch schnell zurechtfinden. Allerdings ist das Cockpit-Design analog zum Äußeren deutlich verspielter. Vorteil des e-Souls: Er hat bereits das neue Infotainment-System UVO Connect an Bord. UVO Connect informiert nun in Echtzeit über den Verkehr und zeigt umliegende POIs (Points of Interest) an. Wichtig dabei: der Ladesäulenfinder. Dazu verfügt das Navigationsgerät über eine integrierte SIM-Karte, über die der „Kia Live“ genannte Dienst seine Daten aktualisiert.

Kia e-Soul Cockpit
Rundliche Formen und viele Knöpfe dominieren das Cockpit. Nach kurzer Eingewöhnung findet man sich aber gut zurecht.

Das 10,25-Zoll-Display ist nun deutlich höher auflösend, übernimmt allerdings auch die Bedienlogik des Vorgängersystems, welches noch im e-Niro verbaut wird – mit allen Stärken und Schwächen. So braucht man etwas Eingewöhnung, bis man alle Funktionen und Untermenüs entdeckt hat und der Wechsel zwischen den Seiten mühelos gelingt.

Gerade in der Navigationsansicht fällt das deutlich verbesserte Display positiv auf. Die Karte ist nun gestochen scharf – wie man es von einem Fahrzeug anno 2019 auch erwarten darf. Durch das neue System lässt sich – endlich! – das Fahrzeug auch mit dem Smartphone verknüpfen, um Fahrzeugdaten bequem von der Couch oder dem Frühstückstisch aus abrufen zu können. Vergleichbare Apps bieten andere Hersteller bereits seit Jahren an, daher wurde es allerhöchste Zeit, dass Kia hier mit seinen Fahrzeugen nachzieht.

Die neue App UVO Connect

Der Kopplungsprozess ist dabei äußerst einfach gestaltet: In der App tippt man die Fahrzeugidentifikationsnummer (= FIN) ein, die von außen hinter der Frontscheibe einsehbar ist. Daraufhin erhält man auf den Hauptbildschirm einen Code, mit dem man den Kopplungsprozess verifizieren kann – fertig!

Nun stehen dem Nutzer diverse Informationen und Funktionen zur Verfügung, die er mit der UVO Connect App abrufen und steuern kann. So wird man über den Status des Fahrzeugs und des Ladevorgangs genauso informiert wie über den aktuellen Standort des Autos. Letztere Funktion dient dazu, das Fahrzeug auf einem großen Parkplatz oder einer Stadt wieder ausfindig zu machen, und ist, aus Gründen der Sicherheit, auf einen Radius von drei Kilometern beschränkt. Ein weiteres, äußerst nützliches Feature ist der POI-Sender: Während man zu Hause seinen Morgenkaffee trinkt, kann man bereits die Zieladresse der anstehenden Fahrt über Google Maps ausfindig machen und diese per Smartphone an das Fahrzeug senden. Das lästige Programmieren des Navis bei Fahrantritt kann so entfallen.

Ferner gibt es nun auch die Möglichkeit, den Innenraum vorzuheizen bzw. zu klimatisieren, sodass der Fahrer immer in ein angenehm temperiertes Fahrzeug steigen kann. Zusätzlich lassen sich bereits vorab Sitz- und Lenkradheizung aktivieren und Front- und Heckscheibe von Eis befreien. Ein Feature, das man in kalten Wintern nicht mehr missen mag. Ebenfalls überzeugend sind die Antwortzeiten zwischen Smartphone und Fahrzeug. Bei ersten Tests dauert die Übertragung der gewünschten Funktion oder Abfrage nur ein paar Sekunden. Klasse!

In der Summe holt Kia mit der UVO Connect App hinsichtlich Connectivity endlich zu den Wettbewerbern auf und schnürt ein stimmiges Paket. Für die Dauer der Kia-Garantie (7 Jahre!) sind die Anbindungen per App und Kia Live kostenlos. Was die Dienste danach kosten werden, steht allerdings noch nicht fest. Die App soll noch im ersten Halbjahr im Play Store für Android und im App Store von Apple verfügbar sein.

150 Kilowatt: Damit geht es flott voran!

Doch kommen wir noch einmal zurück zum Fahrzeug. Nachdem wir uns ausgiebig mit dem Multimediasystem auseinandergesetzt haben, geht es nun um die wichtigste Funktion eines Autos: das Fahren. Also schnell den Startknopf gedrückt, den Drehschalter auf „D“ gestellt – und schon surrt der e-Soul leise los. Zunächst schwimmen wir entspannt im Großstadtverkehr zwischen den Wolkenkratzern der Frankfurter Skyline mit. Nach wenigen Kilometern erreichen wir die Autobahn und können nun den 150 kW starken Elektromotor voll auskosten. Der e-Soul beschleunigt ansatzlos und druckvoll auf Richtgeschwindigkeit – mehr Power benötigt niemand.

Kia e-Soul Heckansicht
315 Liter Gepäck passen in das kantige Ladeabteil.

Anschließend geht es in das hügelige Hinterland des Taunus. Egal ob entspanntes Cruisen oder zackige Kurvenfahrt: Der e-Soul überzeugt in beiden Fällen. Durch die direktere Lenkung und den kürzeren Radstand wirkt der e-Soul deutlich knackiger und verbindlicher im kurvigen Geläuf als der e-Niro. Dieser ist eher komfortabel-konservativ abgestimmt. Ein Sportwagen ist der e-Soul deshalb natürlich nicht. Durch den niedrigen Schwerpunkt, der vor allem durch die Batterie im Unterboden bedingt ist, liegt der e-Soul aber sehr sicher in der Kurve. Übertreibt man es allerdings mit dem Fahrpedal, sind die Vorderreifen, besonders bei Nässe, schnell überfordert. 150 kW und 395 Nm auf der Vorderachse sind eben kein Pappenstiel!

Ladeklappe Kia e-Soul
Die Ladeklappe des Kia e-Soul ist ein deutliches Designelement an der Front des Fahrzeugs.

Beschleunigung und Durchzugsvermögen sind – zumindest in der getesteten Variante mit großer Batterie (64 kWh) und dem stärkeren Elektromotor – über jeden Zweifel erhaben. Ein drängelnder Audi-Fahrer im Rückspiegel? Kein Problem: Ein kurzer Tritt aufs Fahrpedal, und der Drängler wird in seine Schranken verwiesen. Mit dieser Leistungsentfaltung rechnen auch die anderen Verkehrsteilnehmer ob der wenig sportwagenähnlichen Optik des e-Soul nicht.

e-Niro oder e-Soul? Geschmackssache!

Ein weiteres Feature, das der e-Soul dem e-Niro voraus hat, ist das Head-Up-Display. Kia verzichtet hier allerdings auf die Premiumlösung, bei der die Informationen direkt in die Frontscheibe projiziert werden. Stattdessen setzt der Autobauer auf eine ausfahrbare Scheibe hinter dem Kombiinstrument, auf dem Infos wie Geschwindigkeit, Navigation oder Reichweite angezeigt werden. Diese Lösung kennen Hyundai-Fahrer bereits aus dem Kona. Offensichtlich durfte nun auch die Konzernschwester Kia dieses Extra übernehmen. Obwohl Kia hier auf die einfachere Umsetzung des Head-Up-Displays setzt, schaut man erstaunlich oft nur auf die kleine Glasscheibe, anstatt das Kombiinstrument zu fixieren. Kein Must- aber ein schönes Nice-to-have.

Motorraum Kia e-Soul
Da es den e-Soul in anderen Märkten auch als Verbrenner gibt, ist unter der Fronthaube kein Platz für einen zweiten Kofferraum („Frunk“).

Mit dem e-Soul ist Kia, wie bereits beim e-Niro, ein absolut überzeugendes Elektroauto gelungen. Knapp 400 km reale Reichweite, mehr als genug Leistung und ein modernes Infotainment überzeugen. Die App-Funktionen sollen zukünftig noch weiter ausgebaut werden. Auch ein Kia-spezifischer Bezahldienst für die öffentliche Ladeinfrastruktur ist in der Entwicklung. Bei der AC-Ladeleistung (weiterhin nur einphasige 7,2 kW) gibt es also noch Nachholbedarf.

Der Kia e-Soul startet mit der großen 64‑kWh-Batterie bei 37.790 EUR und ist somit nur 1.300 EUR günstiger als der ebenfalls überzeugende e-Niro. Für welches E-Auto man sich also entscheidet, ist demnach Geschmackssache. Den größten Minuspunkt teilen sich letztlich beide Fahrzeuge: Für das Jahr 2019 sind jeweils nur 500 Stück für Deutschland vorgesehen. Mit langen Wartezeiten ist also zu rechnen.

Kia e-Soul und e-Niro
Mit dem e-Soul hat Kia ein weiteres attraktives Elektroauto im Programm. Wenn Kia jetzt auch liefern könnte…

Technische Daten:

Kia e-Soul 64 kWh
Motor und Batterie
max. Leistung: 150 kW
Dauerleistung: – kW
Drehmoment: 395 Nm
Energieinhalt (brutto / netto) 64 kWh / – kWh
Verbrauch und Reichweite
Reichweite: 452 km (WLTP)
Vebrauch (mit Ladeverlusten): 15,7 kWh / 100 km (WLTP)
Laden
Ladeleistung AC: 7,2 kW (Typ 2, einphasig)
Ladezeit 0-100 % SOC (Schuko): 31 h
Ladezeit 0-100 % SOC (Wallbox): 9 h 35 min
Ladeleistung DC: max. 75 kW (CCS)
Ladezeit 0-80% SOC (50 kW): 75 min
Ladezeit 0-80% SOC (100 kW): 54 min
Fahrleistungen
Höchstgeschwindigkeit: 167 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: 7,9 s
Abmessungen
Kofferraum: 315 l
Fahrzeuglänge: 4.195 mm
Fahrzeugbreite: 1.800 mm
Fahrzeughöhe: 1.605 mm
Wendekreis: 10,6 m
Preis
Preis: 37.790 EUR (Edition 7)

Weiterführende Links:

Disclaimer:

Dieser Artikel erschien in seiner ursprünglichen Fassung im Magazin Elektroautomobil (Ausgabe 03/2019, www.elektroautomobil.com).

Fotos: © GenerationStrom.com und © Kia

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