Erster Fahrbericht des e.Go Life First Edition

Anfang Mai wurden die ersten Exemplare des elektrischen Kleinwagens aus Aachen an ihre prominenten Besitzer übergeben. Inzwischen laufen die ersten 1.000 Fahrzeuge des e.Go Life 60 First Edition vom Band. Im Auftrag der Elektroautomobil hatte ich die Möglichkeit, Platz hinter dem Lenkrad zu nehmen und eine erste Runde mit dem elektrischen Kleinwagen zu drehen.

Ein sichtlich stolzer Prof. Dr. Günther Schuh präsentierte im nagelneuen Werk der e.Go Mobile AG in Aachen die ersten Exemplare der auf 1.000 Stück limitierten Startserie des Stadtautos e.Go Life. Dabei ist die Limitierung auf 1.000 Exemplare der First Edition nicht etwa mangelnder Nachfrage geschuldet – ganz im Gegenteil. Die First Edition wird noch ohne ESP ausgeliefert, da die Software für das System erst im Herbst dieses Jahres final freigegeben wird. Da ESP in Europa jedoch gesetzlich vorgeschrieben ist, darf eben zunächst nur eine Kleinserie produziert werden, die First Edition. Für diese konnte eine entsprechende Ausnahmegenehmigung erteilt werden.

First Edition Serienversion*
ESP nein ja
Rekuperation nein ja, dreistufig
Berganfahrassistent nein ja
Höchstgeschwindigkeit 132 km/h 142 km/h
Beschleunigung 0-50 km/h 3,5 s 3,4 s
Leistung (kont. / Spitze) 25 kW / 53 kW 32 kW / 60 kW
Verbrauch (WLTP) 24,2 kWh/100km 16,2 kWh/100km
Reichweite 89 km 145 km

Ausstattungsvergleich des e.Go Life First Edition und der Serienversion.
*voraussichtliche Spezifikation

So kommt es dann auch, dass sich die First Edition in einigen Punkten vom finalen Serienstand unterscheidet (siehe Tabelle). Konzentrieren wir uns daher zunächst auf die Außenhülle des Stadtflitzers, wobei „Hülle“ durchaus wörtlich genommen werden kann. Schließlich verzichtet e.Go Mobile auf teure Presswerkzeuge für eine Stahlkarosserie und eine ebenfalls sündhaft teure Lackieranlage. Stattdessen besteht die Karosserie aus einem durchgefärbten Thermoplast und ist somit besonders unempfindlich gegenüber Kratzern bei gleichzeitig hoher Oberflächengüte. Die Kunststoffbeplankungen des Smarts werden ähnlich hergestellt. Vor allem das Blau des Testfahrzeugs wirkt satt und kräftig und überzeugt mit hoher Farbtiefe.

Cockpit des e.Go Life
Das Cockpit der First Edition des e.Go Life ist bereits umfangreich ausgestattet.

Durch einige optische Kniffe des (italienischen) Designs wirkt der Life breiter und flacher, als er tatsächlich ist. Durch die ultrakurzen Überhänge und die weit außen stehenden Räder steht der e-Go Life satt und stämmig auf der Straße. In der Front mit den leicht ausgewölbten Scheinwerfern und der flach auslaufenden Fronthaube sieht Prof. Schuh sogar den Porsche 911 zitiert. Bedingt durch die im Fahrzeugboden untergebrachte Batterie bringt es der Life allerdings auf 1,58 m Fahrzeughöhe, zwei Zentimeter mehr als bei der Renault Zoe. Diese Fahrzeughöhe garantiert im Gegenzug ausreichend Kopffreiheit, auch in der zweiten Reihe.

Bei genauem Hinschauen wird klar, dass so manches Karosseriedetail, sagen wir, pragmatisch gelöst wurde. Die Dichtungen, Spaltmaße, Übergänge zwischen Scheiben und Karosserie wirken teils noch etwas prototypisch. Toyota Aygo, VW Up oder Opel Karl wirken dort deutlich ausgereifter und solider – sind aber in dieser Preisklasse eben nicht elektrisch angetrieben. Die aus einer großen Glasscheibe bestehende Heckklappe lässt sich übrigens nur per Tastendruck auf den Schlüssel oder im Cockpit entriegeln, wodurch ein Heckklappengriff gespart werden kann.

Der spartanische Ersteindruck wird im Innenraum bestätigt. Es ist alles das, was man zum Fahren braucht und die simple Bedienung gibt keinerlei Rätsel auf. Jedes Bedienelement befindet sich eben dort, wo man es vermutet. Zwischen den Vordersitzen befinden sich ein Wählhebel zum Einlegen der Fahrstufe, sowie ein klassischer Handbremshebel. Das Armaturenbrett kann man am besten mit „abwaschbar“ beschreiben. Wer schon einmal im StreetScooter Platz genommen hat, kennt die einfachen Materialien mit ihren relativ scharfkantigen Übergangen bereits.

Heck des e.Go Life
Die gläserne Heckklappe verzichtet aus Kostengründen auf einen separaten Griff und lässt sich daher nur von innen öffnen.

Sämtliche Funktionen werden über das zentrale Doppel-DIN-Infotainmentsystem von JBL und einigen, darunter angebrachten Tasten gesteuert. Navigation, Streaming und weitere Dienste lassen sich per serienmäßiger USB-Schnittstelle mit Apple CarPlay und Android Auto nutzen. Das ist clever und günstig, hat doch eh jeder heute sein Smartphone dabei und die Entwicklung eines aufwendigen Multimediasystems kann man sich sparen. Die praktisch vollausgestattete First Edition verfügt auch über Sitz- und Frontscheibenheizung. Letzteres ist ein Novum in dieser Klasse und deutlich effektiver als ein Heizgebläse.

In Reihe zwei findet man gerade noch ausreichend Platz, dass man auch als Erwachsener hier kurze Strecken zurücklegen kann. Beifahrer- und Fondsitze verfügen außerdem über Isofix-Befestigungen. Der Kofferraum ist mit 140 Litern wiederum überraschend klein. Eine Sprudelkiste oder ein größerer Rucksack lassen sich erst nach leichtem Vorklappen der Rücksitzlehnen unterbringen. Als besonderer Clou können diese sogar komplett eben umgelegt werden, ebenso der Beifahrersitz, wodurch auch lange und sperrige Gegenstände Platz im kompakten Life finden.

Aber genug der Worte. Zeit, den Life einmal live zu erleben. Der Kleinwagen wird klassisch per Zündschlüssel gestartet. Den Fahrmodi-Hebel auf D gestellt und schon kann es losgehen. Auf den ersten Metern fällt bereits auf, dass das Auto kinderleicht zu fahren ist, wobei die Servounterstützung insbesondere im Rangierbetrieb etwas leichtgängiger sein könnte. Trotzdem fühlt man sich schnell mit dem Auto vertraut und schwimmt locker im Aachener Stadtverkehr mit. Die durchaus üppige Leistung von 53 kW fühlt sich weniger kräftig an als erwartet. Anderseits, die Leistung reicht jederzeit – vor allem im Stadtverkehr – völlig aus und von der Ampel geht der Life viel zügiger weg als seine Verbrenner-Konkurrenten.

Da die First Edition nur eine deaktivierte Rekuperationsfunktion hat, kann hierzu noch nicht viel gesagt werden. Was aber verraten wurde: Es wird wohl drei Reku-Stufen geben, wobei die stärkste im Eco-Modus erreicht werden soll. Die Verzögerung wird dann nahe am One-Pedal-Driving sein. Wer das nicht mag, schaltet auf Comfort (normale Reku) oder Sport (keine Reku).

Übrigens werden später alle 1.000 First-Edition-Fahrzeuge ein kostenloses Softwareupdate erhalten, sobald die ESP-Software final freigegeben wurde. Dann wird aus diesen Fahrzeugen der normale Serienstand mit sämtlichen Funktionen.

Solange die Straßenqualität ausreichend ist, gibt es auch nichts am Komfort auszusetzen. Doch stadttypische Schlaglöcher durchrollt der Life ziemlich herb und es knistert etwas in Karosserie und Sitzen. Ein Tribut an die straffe Abstimmung, die für die sehr gute Kurvenlage gewählt wurde. Auf dem kurzen Landstraßenstück macht der Aachener Kleinwagen dann auch richtig Spaß, vor allem im Sportmodus. Hier könnten die Sitze mehr Seitenhalt vertragen. Dafür packen die Bremsen kräftig zu und haben leichtes Spiel mit dem nur 1.210 kg schweren Fahrzeug.

Wer die Reichweite voll ausloten möchte, sollte jedoch eher im Eco-Modus unterwegs sein. Dann wird die Gaspedalkennlinie umgeschaltet und es geht nur noch sehr zäh voran. Für dichten Stadtverkehr reicht aber auch dieser Modus aus. Die First Edition mit den breiten 17-Zoll-Rädern und ohne Rekuperation kommt etwas über 100 Kilometer weit. Nach der kurzen Testfahrt zeigte das sehr gut ablesbare Display auf dem Armaturenbrett einen Durchschnittsverbrauch von 18 kWh/100km an. Ein realer Stadtverbrauch von unter 15 kWh/100km erscheint daher mit der späteren Serienversion nicht unrealistisch.

e.Go Life Ladekabel
Da der e.Go Life nur einphasig mit maximal 3,7 kW laden kann, verfügt auch das Ladekabel nur über eine Phase.

Mit der Reichweite sollte man dann auch gut haushalten, verfügt der Life doch nur und ausschließlich über einen einphasigen Wechselstromlader mit 3,7 kW. Ein Mode-2-Ladekabel für die Schukosteckdose oder wahlweise ein Mode-3-Ladekabel für Ladesäulen und Wallboxen gehört zum Serienlieferumfang.

Bis zum Herbst werden nun die 1.000 First Editions produziert. Anschließend sollen die restlichen 2.000 Vorbestellungen abgearbeitet werden. Für nächstes Jahr rechnet e.Go Mobile mit einer Jahresproduktion von ungefähr 15.000 Fahrzeugen, die dann in der modernen Produktionsstätte in Aachen im Zweischichtbetrieb produziert werden.

Über eine viertürige Variante wird übrigens ebenso nachgedacht wie über einen dreiphasigen Drehstrom-Onboard-Lader. Letzterer ließ sich schlichtweg noch nicht zu akzeptablen Preisen auf dem Zulieferermarkt finden.

Der e.Go Life vor dem neuen Werk in Aachen.
Trotz seiner Schwächen ist der e.Go Life sympathisch. Ob der Kleinwagen sich allerdings gegen die etablierten Hersteller behaupten kann, wird die Zukunft zeigen. (Foto: © e.GO Mobile AG)

Fazit:

Der e.Go Life sieht sportlich und sympathisch aus, macht Spaß zu fahren, ist wendig und bietet grundsätzlich alles, was man braucht, um von A nach B zu kommen. Anderseits müssen Interessenten über die Materialauswahl und Verarbeitungsmängel hinwegsehen können, wenn man Spaß mit dem Fahrzeug haben möchte. Hand aufs Herz: Ein Kleinstwagen der etablierten Hersteller wirkt rundum solider. Bleibt der äußerst günstige Preis: Der Life 60 startet bereits ab 19.900 Euro inklusive Batterie und ohne Abzug der Umweltprämie. Damit ist der Preis ein weiteres starkes Argument für den 2+2-sitzigen Kleinwagen des neuen deutschen Automobilunternehmens.

Werk der e.Go Mobile AG
Im nagelneuen Werk der e.Go Mobile AG in Aachen wird der Life produziert.

Technische Daten:

e.Go Life First Edition
Motor und Batterie
max. Leistung: 53 kW
Dauerleistung: 25 kW
Energieinhalt (brutto / netto) 23,5 kWh / 21,5 kWh
Verbrauch und Reichweite
Reichweite: 89 km (WLTP)
Verbrauch (ohne Ladeverluste): 19,9 kWh / 100 km (WLTP)
Vebrauch (mit Ladeverlusten): 24,2 kWh / 100 km (WLTP)
Laden
Ladeleistung AC: 3,7 kW (einphasig)
Ladezeit 0-95% SOC (Schuko): 9,6 h
Ladezeit 0-95% SOC (Wallbox): 6,0 h
Fahrleistungen
Höchstgeschwindigkeit: 132 km/h
Reisegeschwindigkeit: 116 km/h
Beschleunigung: 3,5 s
Abmessungen
Fahrzeuglänge: 3.345 mm
Fahrzeugbreite: 1.747 mm
Fahrzeughöhe: 1.588 mm
Wendekreis: 8,8 m

Weiterführende Links:

Weitere Probefahrten und Testberichte auf Generation Strom.

Disclaimer:

Dieser Artikel erschien in seiner ursprünglichen Fassung im Magazin Elektroautomobil (Ausgabe 03/2019, www.elektroautomobil.com).

Fotos (falls nicht anders gekennzeichnet): © GenerationStrom.com

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