Genf häppchenweise – Teil 6: Die Gumpert Nathalie

Der Genfer Automobilsalon ist nicht zuletzt für die vielen Nischenhersteller bekannt, die sich auf der Messe die Ehre geben. Dazu gehört auch die Sportwagenmanufaktur Roland Gumpert aus Ingolstadt, die mit der Nathalie einen elektrischen Sportwagen mit Methanol-Brennstoffzelle präsentiert hat.

Dem ein oder anderen mag der Name Gumpert bereits ein Begriff sein. Zusammen mit dem Automobilveredler MTM gründete Roland Gumpert 2005 bereits eine Sportwagenmanufaktur mit dem Namen des Gründers. Das bekannteste Fahrzeug des kleinen Sportwagenherstellers war der Gumpert Apollo, der von einem Audi-V8-Motor mit mindestens 650 PS angetrieben wurde.

Heute versucht es Roland Gumpert ein weiteres Mal mit einem Sportwagen – doch nun mit einem elektrischen. Dazu wurde die Gumpert Aiways Automobile GmbH gegründet. Der Name verrät, dass hier ein weiteres Unternehmen mit im Boot ist, nämlich das chinesische Start-Up Aiways, welches bald mit dem günstigen, vollelektrischen SUV U5 Ion mit der Serienproduktion startet.

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Der Mutterkonzern Aiways (hier der Elektro-SUV U5 Ion) könnte eines Tages die Brennstoffzellentechnologie von Gumpert übernehmen.

Doch bleiben wir bei der Nathalie. Der Sportwagen, dessen Front an das kommende Modell von Aiways erinnern soll, basiert auf einem Gitterrohrrahmen mit Kohlefaser-Karosserie.

Das besondere an dem Fahrzeug ist die außergewöhnliche Antriebseinheit: Neben einer 70-kWh-großen Hochvolt-Batterie verfügt das Fahrzeug über eine derzeit 5 kW starke Brennstoffzelle, die als Range Extender fungiert und die Batterie im Betrieb nachlädt.

Bei einer konstanten Geschwindigkeit von 50 km/h reicht die Leistung der Brennstoffzelle gerade aus, um das Fahrzeug ohne Batterieunterstützung anzutreiben. Ziel der Entwickler ist es letztlich auch, die Leistung der Brennstoffzelle auf 10 bis 15 kW zu erhöhen, um im Gegenzug die Batterie zu verkleinern und das Auto somit leichter zu machen.

Anstatt den benötigten Wasserstoff in Hochdrucktanks zu speichern, wie es bei Brennstoffzellenfahrzeugen üblich ist, wird auf einen Methanol-Reformer zurückgegriffen. Aus einem 60:40-Methanol-Wasser-Gemisch wird durch eine katalytische Reaktion Wasserstoff und Kohlendioxid frei. Mit dem Wasserstoff wird die Brennstoffzelle betrieben, das Kohlendioxid wird an die Umgebung abgegeben. Damit ist die Nathalie strenggenommen kein Null-Emissions-Fahrzeug. Dennoch ist der CO2-Ausstoß mit 30 bis 40 g/km äußerst gering.

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Bei der GIMS 2019 feierte die Rennversion der Nathalie Weltpremiere.

Der Vorteil gegenüber reinem Wasserstoff ist allerdings die deutlich einfachere Lagerung und Betankung. Methanol kann ganz normal wie Benzin getankt werden. Die aufwendigen und teuren Hochdrucktanks und Betankungsanlagen werden hier nicht benötigt. Tatsächlich könnte die vorhandene Tankstellen-Infrastruktur genutzt und nur leicht angepasst werden. Fakt ist allerdings auch, dass es derzeit praktisch kein Tankstellen-Netz für Methanol gibt. Gumpert arbeitet zwar daran, ein Netz aufzubauen, doch ob sich genug Tankstellen finden lassen, um einen Kraftstoff zu vertreiben, der nur von sehr wenigen Fahrzeugen getankt werden kann, bleibt mindestens fraglich.

Die Nathalie verfügt dazu über einen 90 Liter Tank. Der Methanol-Verbrauch pro Stunde liegt bei 4,5 Liter, ergo reicht der Tank für 20 Stunden Betrieb. Aufgrund der noch stark eingeschränkten Leistung der Brennstoffzelle wird das Fahrzeug daher stark von der Batterie dominiert.

Diese versorgt die vier Elektromotoren, von denen jeweils zwei an einem Getriebe je Achse angebracht sind. Die Nathalie verfügt daher über elektrischen Allradantrieb. In einem weiteren Schritt könnten auch alle Räder einzeln von jeweils einer E-Maschine angetrieben werden.

Die technischen Daten des Fahrzeugs stehen ebenfalls noch nicht genau fest. Das Fahrzeug wird eine Leistung von 300 bis 600 kW haben und soll in unter 2,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen. Die Höchstgeschwindigkeit soll bei über 300 km/h liegen.

Erste Interessenten für das Fahrzeug gibt es bereits. Der Preis des Sportwagens wird bei über 400.000 EUR liegen.

Technische Daten

Fahrzeug: Gumpert Nathalie
Energieinhalt Batterie: 70 kWh
Tankinhalt für Methanol-Wasser-Gemisch: 90 l
Verbrauch Methanol-Wasser-Gemisch: 4,5 l/h
Ladeleistung AC: 11 kW*
Leistung der Brennstoffzelle: 5 kW
Reichweite (bei 80 km/h): 850 km
Leistung: 300 – 600 kW, laut Datenblatt derzeit 4x 102 kW (Bosch SMG180)
Drehmoment: 920 Nm (4x 230 Nm)
Betriebsspannung: 425 V
Beschleunigung 0-100 km/h: < 2,5 s
Höchstgeschwindigkeit: > 300 km/h

*geschätzt

Wettbewerber

Zukunftschancen

So interessant wie das Konzept ist – unterm Strich bleiben einige Fragen. Die wichtigste: Wie sieht eine praktikable Lösung zur Betankung der Fahrzeuge aus?

Mit der heutigen Batterietechnologie wäre es sicherlich auch nicht verkehrt gewesen, den 90-Liter-Tank und die Brennstoffzellentechnik zu entfernen und stattdessen die Batterie zu vergrößern. Bei (grob geschätzten) 300 Wh/l Energiedichte der Batterie, wären bereits durch Substitution des Tanks weitere 25 kWh Energieinhalt möglich. Das ist die Menge, die die Brennstoffzelle in fünf Stunden Fahrzeit erzeugt. Außerdem gibt es, im Gegensatz zur Versorgung mit Methanol, inzwischen eine flächendeckende Ladeinfrastruktur.

Auf der anderen Seite lässt Gumpert durchblicken, dass die Nathalie ein Technologieträger sein soll. Eine weiterentwickelte und kostenoptimierte Brennstoffzelle könnte daher beim Aiways U5 Ion oder anderen geplanten Fahrzeugen der chinesischen Muttermarke Verwendung finden – vielleicht nicht zwingend in Deutschland, sondern in China. Mit dem chinesischen Geldgeber im Hintergrund könnte deutlich mehr aus der Technologie werden, als auf den ersten Blick erkennbar ist. China forscht schließlich inzwischen auch intensiv an der Brennstoffzellentechnologie.

Stand heute bleibt ein exotischer Sportwagen Made in Germany, der durchaus Rennstreckenqualitäten aufweist. Ob das Antriebskonzept die erhoffte Revolution bringt, ist, angesichts der rasanten Entwicklung der Batterietechnologie, allerdings fraglich.

Mehr von der GIMS 2019.

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