Bei Diskussionen rund um das Thema Elektromobilität fällt häufig die Frage: „Was passiert mit dem ganzen Batterien, wenn die Akkus für den Einsatz im Fahrzeug nicht mehr taugen?“ Nicht selten ist im gleichen Atemzug von „Bergen von Batterieschrott“ die Rede. Die Frage ist absolut berechtigt – hier jedoch voreilig von „Schrott“ zu sprechen, ist zu kurz gesprungen.
Die meisten Hersteller geben 8-10 Jahre Garantie auf die Batterie ihrer Elektroautos oder Hybridfahrzeuge. Sollte innerhalb dieser Zeit die Kapazität auf unter 70 oder 80 Prozent (je nach Hersteller) sinken oder die Batterie einen Defekt aufweisen, wird die Batterie getauscht.
Was passiert nun also mit der Batterie? Die Möglichkeiten lassen sich grob in drei Kategorien einteilen.
Reparatur
Der Defekt einer Batterie kann unterschiedlichste Ursachen haben. Möglicherweise ist das Steuergerät beschädigt und muss getauscht werden oder eine Elektrik-Komponente könnte ausgefallen sein. Es ist auch möglich, dass ausgerechnet eine Zelle der Batterie ein Problem hat und dadurch die Gesamtperformance des Akkus so stark beeinträchtigt wird, dass man von einem Defekt sprechen muss.
Meistens lassen sich die Elektrik- und Elektronik-Komponenten einer Batterie tauschen, sodass die Batterie nach der Reparatur wieder in einem Fahrzeug eingesetzt werden kann. Ist eine oder sind mehreren Zellen defekt, wird es schon komplizierter. Idealerweise kann eine einzelne Zelle getauscht werden, was oft aber sehr aufwendig und damit unwirtschaftlich ist. Ist dies nicht möglich, kann das komplette Zellmodul getauscht werden. Nissan bietet zum Beispiel für den Leaf wiederaufbereitete Ersatzbatterien an, die dann natürlich günstiger sind, als komplett neue.
Ist eine Reparatur nicht mehr möglich oder nicht mehr wirtschaftlich, dann lassen sich die unbeschädigten Zellmodule der Batterien trotzdem noch weiternutzen.

Second Life
Denn selbst wenn eine Batterie weniger als der genannten 70 bis 80 Prozent an Restkapazität aufweist, enthält sie doch immer noch eine große Menge nutzbaren Restenergieinhalts. Die Batterie des BMW i3 94Ah hat zum Beispiel einen Energieinhalt von 33,2 kWh. Sollten nach knapp 10 Jahren nur noch 80 Prozent der Anfangskapazität zur Verfügung stehen, so bleiben letztlich immer noch ca. 26 kWh übrig. Daher ist es absolut nahe liegend, diese Batterien aufzubereiten, um sie anderweitig einsetzen zu können, wenn sie im Fahrzeug nicht mehr bzw. nur noch mit Einschränkungen verwendet werden können. Diese Zweitnutzung wird „Second Use“ oder „Second Life“ genannt. Meistens werden die Batterien dazu in stationären Anlagen verbaut.
Und genau dies passiert bereits seit einigen Jahren. Auch wenn viele der Projekte noch Pilotanlagen sind – hier wird bereits wichtige Erfahrung im Umgang mit gebrauchten Batterien gesammelt. Diese ist wichtig, um später – wenn wirklich nennenswerte Stückzahlen an gealterten Batterien getauscht werden müssen – tragbare Geschäftsmodelle etablieren zu können. Eine Weiterverwendung der Batterien für weitere 10 Jahre gilt dabei nicht als unwahrscheinlich.
Hier eine Übersicht an Second-Life-Projekten:
Audi
Projekt: | Pufferspeicher für Netzstabilität |
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Partner: | Gemeindewerke Wendelstein Bürgerkraftwerk GmbH und Covalion |
Leistung: | 500 kW |
Speicherkapazität: | 1.000 kWh |
Verwendete Batterien: | 84 Stk. aus verschiedenen Entwicklungsfahrzeugen von Audi |
Verwendung: | Primärregelleistung |
Projekt: | 2nd-Use-Batterie als Pufferspeicher für Schnellladesäulen |
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Partner: | – |
Leistung: | zwischen 150 bis 300 kW |
Speicherkapazität: | über 300 kWh |
Verwendete Batterien: | 4 Batterien aus Entwicklungsfahrzeugen des Audi e-tron und Audi R8 e-tron |
Verwendung: | Pufferspeicher für Schnellladesäulen |

BMW
Projekt: | Second Life Batteries |
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Partner: | Vattenfall und Bosch |
Leistung: | 2.000 kW |
Speicherkapazität: | 2.800 kWh |
Verwendete Batterien: | 100 Stk. aus BMW i3 und BMW Active E |
Verwendung: | Primärregelleistung, Pufferspeicher für Schnellladesäulen und Photovoltaikanlagen |

Projekt: | 2nd-Use-Batterie als Pufferspeicher für Schnellladesäulen |
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Partner: | EVgo |
Leistung: | 30 kW |
Speicherkapazität: | 44 kWh |
Verwendete Batterien: | 2x BMW i3 |
Verwendung: | Pufferspeicher für Schnellladesäulen |
Daimler
Projekt: | Größter 2nd-Use-Speicher weltweit |
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Partner: | Mercedes-Benz Energy, GETEC und The Mobility House |
Leistung: | – |
Speicherkapazität: | 13.000 kWh |
Verwendete Batterien: | 1.000 Stk. aus Smart Fortwo ED (Generation 2) |
Verwendung: | Primärregelleistung |

Nissan
Projekt: | Pufferspeicher für Fußball-Arena in Amsterdam |
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Partner: | Eaton und The Mobility House |
Leistung: | 3.000 kW |
Speicherkapazität: | 2.800 kWh |
Verwendete Batterien: | 148 Stk. aus Nissan Leaf |
Verwendung: | Pufferspeicher und Speicher für Solarenergie |
Projekt: | The Reborn Light: Energiespeicher für Straßenlaternen |
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Partner: | 4R Energy |
Leistung: | – |
Speicherkapazität: | – |
Verwendete Batterien: | Zellmodule aus dem Nissan Leaf |
Verwendung: | Pufferspeicher und Speicher für Solarenergie für Straßenlaternen |
Renault
Projekt: | E-STOR: 2nd-Use-Batterien als Pufferspeicher für Schnellladesäulen |
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Partner: | Connected Energy |
Leistung: | – |
Speicherkapazität: | – |
Verwendete Batterien: | Renault Zoe |
Verwendung: | Pufferspeicher für Schnellladesäulen |

Volvo Busse
Projekt: | Pufferspeicher für Wohnanlage in Göteborg |
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Partner: | Stena Property und Battery Loop |
Leistung: | – |
Speicherkapazität: | – |
Verwendete Batterien: | Busbatterien von Volvo |
Verwendung: | Pufferspeicher für Photovoltaik |
Recycling
Ist eine Batterie tatsächlich so stark beschädigt oder gealtert, dass eine Reparatur oder eine Weiterverwendung nicht möglich ist, kommt letztendlich nur noch das Recycling in Frage. Ein Vorteil bei batterieelektrischen Fahrzeugen: Der Energiespeicher bleibt ein Leben lang erhalten und am Ende können die Ressourcen zurückgewonnen werden. Verbrennt man dagegen fossile Kraftstoffe, verpufft die Ressource im Form von Abgasen in der Luft und kann nicht wieder zurückgewonnen werden. Ein Recycling von Otto- und Dieselkraftstoff ist nun einmal nicht möglich und es wird billigend in Kauf genommen, dass der „Abfall“ der Erdatmosphäre zugeführt wird.

Noch ist ein Batterierecycling allerdings kaum wirtschaftlich darzustellen. Nicht-recycelte Rohstoffe sind (noch) zu günstig und die Mengen an Batterien, die recycelt werden müssen, zu gering. Viele Elektrofahrzeuge sind schließlich noch nicht auf den Straßen unterwegs und wenn doch, dann sind sie meistens erst ein paar Jahre alt.
Nichtsdestotrotz wird intensiv am Batterierecycling geforscht. Schließlich schmeißt man die wertvollen Rohstoffe nicht einfach weg – genauso wenig, wie gebrauchte Laptops, Smartphones, LCD-Fernseher usw. nicht einfach auf einer Müllhalde landen.
Nissan hat dazu zusammen mit Sumitomo das Joint-Venture 4R Energy gegründet, mit dem Ziel in Japan ein Recycling-Werk für E-Auto-Batterien zu errichten. Auch in Korea soll eine Batterie-Recycling-Anlage 2020 in Betrieb gehen.
Audi kooperiert mit dem belgischen Recyclingkonzern Umicore und hat ein Verfahren entwickelt, bei dem über 90 des Nickels und Kobalts zurückgewonnen und in neuen Batteriezellen eingesetzt werden können.
Ab 2022 möchte der schwedische Zellhersteller mit dem Programm „Revolt“ eine Batterierecyclingfabrik betreiben. Zunächst sollen hier bis zu 25.000 Tonnen Batteriezellen zerlegt werden können. Gestartet wird zunächst mit einer deutlich kleineren Pilotanlage.
Bereits 2018 wurde vom Batterierecycler Redux, einer Tochter des österreichischen Entsorgungskonzerns Saubermacher, eine High-Tech-Recyclinganlage für Lithium-Ionen-Batterien in Bremerhaven in Betrieb genommen, die bis zu 10.000 Tonnen jährlich an Batterieschrott verarbeiten kann. Die Recyclingquote liegt bei dieser Anlage bei 60 bis 70 Prozent. Ein Wert, der sich durch weitere Optimierungen vielleicht sogar weiter steigern lässt.

Die Firma Duesenfeld aus Wendeburg bei Braunschweig hat ein Recyclingverfahren entwickelt, dass deutlich energieeffizienter ist als bisherige Verfahren. Aktuell befindet sich die Anlage noch im Hochlauf und diverse Hersteller lassen hier bereits ihre Altbatterien zu Testzwecken recyceln. Auch hier wird vorgearbeitet: Fallen eines Tages entsprechende Mengen Batterieschrott an, dann ist das Recyclingverfahren bereits etabliert und die Batterien können effizient zerlegt werden, um mit möglichst wenig Aufwand an die wertvollen Rohstoffe zu gelangen. Nebenher ergeben sich neue Chancen für den Wirtschaftsstandort Deutschland, da sich solche Technologien hervorragend für den Export eignen.
Um signifikante Mengen an Alt-Batterien, insbesondere aus „großen“ Elektroautos wie einem Tesla Model S, Jaguar I-Pace oder Audi e-tron mit jeweils rund 100 kWh und 700 kg Batteriegewicht recyceln zu können, werden sicherlich weitere Anlagen benötigt. Der Grundstein für ein umfangreiches Batterierecycling scheint hiermit jedoch gelegt worden zu sein.
Aber noch einmal zur Erinnerung: 10 Jahre hält eine Batterie ungefähr in einem E-Fahrzeug – teilweise auch länger – und anschließend noch einmal bis zu 10 Jahre in einer stationären Anwendung. Damit stehen gut 20 Jahre Nutzungsdauer zur Verfügung, bis mit größeren Mengen an Batterieschrott zu rechnen ist. Auch hier wird es keinen plötzlich Sprung von Null auf Hundert geben, sondern der Recycling-Bedarf wird sich kontinuierlich erhöhen. Da sollte genug Zeit bleiben, um die Recycling-Konzepte weiter zu optimieren, entsprechende Anlagen aufzubauen und eine Kreislaufwirtschaft etablieren zu können.
Update – 03.01.2020:
Einige Recycling-Projekte eränzt, sowie den Audi-Container-Speicher und den Volvo-Bus-Speicher hinzugefügt.
Update – 23.01.2019:
Der Artikel wurde überarbeitet und um das Batterierecycling der Firma Duesenfeld ergänzt.
Weiterführende Links:
- Vattenfall: Das zweite Leben der E-Mobility-Batterien
- Deutschlandfunk: Altbatterien – zu wertvoll für die Tonne
- Mercedes-Benz: Das zweite Leben der Lithium-Ionen-Akku
- Christoph M. Schwarzer: Batterie-Recycling funktioniert
Mehr Antworten zu häufig gestellten Fragen rund ums Elektroauto findet ihr hier:
FAQ-Serie auf Generation Strom
Lizenz:
FAQ – Teil 2: Was passiert mit den ganzen alten Batterien? von Marcus Zacher ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.
Bedeutet: Alle Texte der Serie FAQ stehen unter Creative Commons und dürfen für sachliche Diskussionen um das Thema Elektromobilität ohne meine Genehmigung kopiert werden.
Ich finde diesen Blog erstklassig! Gerade der Artikel über Weiterverwertung von Batterien liefert viele Informationen, die normalerweise in der Diskussion eher fehlen. Darum habe ich mir einen Repost auf meinem Blog erlaubt. (https://meinungentrash.home.blog)
Ich versuche dort Informationen über Energiewende, Antriebswende und Mobilitätswende zusammen zu bringen, die sonst über viele Webseiten verteilt sind. Im Moment ist das alles noch recht ungeordnet und ich habe einen 2. Blog begonnen, um das Material sinnvoll aufzubereiten. Ich hoffe, der Reblog geht für dich in Ordnung. Wenn nicht, gib mir bitte Bescheid. Meine Blogs sind nicht kommerziell. LG Andro
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Hallo Andro, vielen Dank!
Klar kannst du meinen Blog verlinken. Bitte nur den Namen noch korrigieren von „Manfred Zacher“ auf „Marcus Zacher“ 😉.
VG, Marcus
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Danke
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